Umfrage: Die wichtigsten Altersvorsorge-Trends 2025

Anhebung des Höchstrechnungszinses, hohe Schadeninflation, Unsicherheit hinsichtlich künftiger Renten- und Gesundheitspolitik der Bundesregierung nach dem Scheitern der Ampelkoalition: Wie wirkt sich das im kommenden Jahr wohl auf die Assekuranz aus? DAS INVESTMENT befragte mehrere Vorstände sowie Vertriebs- und Produktverantwortliche von Versicherungsgesellschaften, welche Trends sie für das kommende Jahr erwarten. Es ging dabei sowohl um allgemeine Vertriebstrends als auch um Entwicklungen verschiedener Produktkategorien wie zum Beispiel Lebens-, Kranken- und Sachversicherung.

Fondspolicen und Nachhaltigkeit

Im ersten Teil unserer Trendumfrage-Strecke stellten wir Ihnen die allgemeinen Vertriebstrends vor. Im zweiten Teil ging es um den Komposit-Bereich. Im dritten Teil erklären die Versicherungsvorstände nun, wie sich der höhere Höchstrechnungszins auf unterschiedliche LV-Produkte auswirkt, ob sich die derzeit schwache Nachfrage nach Lebensversicherungen gegen wieder erholt, wie sich das Fondspolicen-Geschäft entwickelt und welche Rolle die Nachhaltigkeit dabei spielen wird.

„Nachhaltige Fonds können mit konventionellen Anlagen mithalten“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Björn Bohnhoff: Einen signifikanten Anstieg des Neugeschäfts bei klassischen Altersvorsorgeprodukten sehen wir durch die Erhöhung des Rechnungszinses auf 1 Prozent nicht, da diese Anpassung unseres Erachtens bei Weitem nicht genügt, um inflationsbereinigt langfristig eine ausreichende Altersvorsorge aufzubauen. Die Erhöhung des Rechnungszinses hat aber positive Auswirkungen auf den garantierten Rentenfaktor bei rein fondsgebundenen Rentenversicherungen sowie bei Hybridprodukten mit Teilgarantie. Insofern werden diese in der Regel renditestärkeren Produktkategorien ebenfalls von der bevorstehenden Erhöhung des Rechnungszinses profitieren. Darüber hinaus profitieren Risikoprodukte wie zum Beispiel die Berufsunfähigkeitsversicherung durch den gestiegenen Höchstrechnungszins.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Bohnhoff: Nein, ein Anstieg von 0,75 Prozent reicht nicht aus. Nach dem sprunghaften Anstieg der Inflationsrate auf ein Rekordniveau in den Jahren 2022 und 2023 hat die Teuerungsrate mittlerweile zwar im Oktober 2024 mit 2 Prozent wieder das Niveau von 2021 erreicht, zum Aufbau einer auskömmlichen Altersvorsorge kann die anstehende Rechnungszinsanpassung generell und erst recht unter Berücksichtigung der Inflationsrate nicht genügen. Insofern sehen wir keine bevorstehende Abkehr von fondsgebundenen Produktlösungen.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Bohnhoff: Eine Prognose für 2025 ist schwierig. Der sprunghafte Anstieg der Zinsen am Kapitalmarkt hat wieder deutlich mehr Parkmöglichkeiten für Einmalbeiträge geöffnet. In Spezialsegementen wie zum Beispiel „Erben und Schenken“ verfügen Versicherungslösung nach wie vor über relevante Vorteile. Versicherer und Berater sollten daher über steueroptimierte Erbschafts- und Schenkungsansätze sowie flexible Produkte informieren. Moderne fondsgebundene Rentenversicherungen bieten während der Vertragslaufzeit vielfältige Zugriffsmöglichkeiten auf das angelegte Kapital, zum Beispiel durch Teilauszahlungen oder regelmäßige Entnahmepläne.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Bohnhoff: Die Relevanz zur Transformation in eine nachhaltige Gesellschaft ist unverändert hoch, auch wenn das Thema in den Kundenwahrnehmung durch andere Krisen weniger Beachtung hat. Versicherer setzen weiterhin auf nachhaltige Produkte und Services und thematisieren Nachhaltigkeit kontinuierlich in der Beratung. Kunden legen bei ihrer Abschlussentscheidung großen Wert auf die Wertentwicklung der Fondsanlage. Historisch gesehen können nachhaltige Fonds mit konventionellen Anlagestrategien mithalten, was das Interesse an nachhaltiger Altersvorsorge steigert.

Alina vom Bruck, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Leben

„Einmalbeitragsprodukte werden wieder interessanter“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Alina vom Bruck: Die Lebensversicherung hat für ihre Kunden zwei wichtige Aspekte: Erstens eine verlässliche Rendite, die immer über der Inflationsrate liegen sollte. Zweitens der Sicherheitsaspekt. Diesen erfüllen die Gesellschaften zum einen durch Garantien in vielen Produkten, zum anderen durch ihre Finanzkraft. Die Erhöhung des Höchstrechnungszinses hat die Perspektive auf beide Aspekte verändert: Kurzfristig kann man mit konservativen Produkten keine Inflationsspitzen brechen. Aber: Durch die höheren Zinsen am Kapitalmarkt können wir im konventionellen Teil der Produkte wieder höhere Überschüsse anbieten. Das erhöht die Rendite der Produkte. Der Bedarf an sicherer und langfristiger Vorsorge bleibt gerade in unsicheren Zeiten ungebrochen. Wir gehen daher davon aus, dass das Neugeschäft mit Garantieprodukten bei Kunden mit hohem Sicherheitsbedürfnis zunehmen wird. Allerdings erwarten wir, dass modernere Konzepte mit Garantiekomponente davon stärker profitieren werden als klassische Kapitallebensversicherungen.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Vom Bruck: Nein, hier erwarten wir keine Trendwende. Gerade mit Fondsprodukten ohne Garantien können Kunden höhere Renditen erzielen als mit garantieorientierten Produkten. Daher sind Fondsprodukte nach wie vor sehr attraktiv.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Vom Bruck: In 2024 war das Einmalbeitragsgeschäft aufgrund attraktiver kurzfristiger Zinsen am Kapitalmarkt ein schweres Umfeld für die Lebensversicherer. Mit den jüngsten Zinsentwicklungen werden Einmalbeitragsprodukte aber wieder interessanter. Wir erwarten aber dennoch eher eine langsame statt einer schnellen Erholung des Einmalbeitragsgeschäfts. Einmalbeitragsprodukte brauchen eine gute Beratung, da Kunden, zum Beispiel durch Tagesgelder, attraktive Alternativen haben.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Vom Bruck: Das Thema Nachhaltigkeit hat sicher in Zeiten hoher Inflation und in der aktuellen geopolitischen Lage an Aufmerksamkeit verloren. Daher kann es gut sein, dass auch in 2025 das Thema Nachhaltigkeit nicht im Fokus stehen wird. Wichtig ist aber die langfristige Perspektive. Hier spielen wir als Lebensversicherer eine sehr wichtige Rolle, um Kapital in eine langfristige Transformation zu lenken. Hier gilt es, die Kunden weiter für das Thema zu sensibilisieren und Lösungen anzubieten. 

Ulrich Scholten, Mitglied des Holdingvorstandes der Provinzial, zuständig für Finanzen und Kapitalanlage
Ulrich Scholten, Mitglied des Holdingvorstandes der Provinzial, zuständig für Finanzen und Kapitalanlage, © Provinzial

„Preise für biometrische Produkte werden sinken“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Ulrich Scholten: Der höhere HRZ wird die klassische Kapital-LV attraktiver machen und zu einem größeren Produktangebot führen. Dennoch werden fondsgebundene Produkte mit ihren deutlich größeren Rendite-Chancen die Oberhand behalten. Auch biometrische Produkte werden vom neuen HRZ profitieren, da ihre Preise sinken werden.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Scholten: Der Trend zu Fondspolicen wird weiter anhalten. Gerade in einem langlaufenden Ansparprozess zur Altersvorsorge sind die Risiken schwankender Kurse durch geschicktes Produktdesign gut beherrschbar und die Chancen auf eine hohe Rendite übertreffen klar die Möglichkeiten von reinen Garantieprodukten.  

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Scholten: Die Entwicklung der Einmalbeiträge steht im direkten Zusammenhang mit der Entwicklung steigender Zinsen im Zeitraum der letzten Jahre. Für das Jahr 2025 erwarte ich nicht unbedingt einen deutlichen Wachstumsschub bei der LV gegen Einmalbeitrag, aber mit Blick auf attraktive Angebote mindestens ein Beibehalt des aktuellen Niveaus oder sogar eine leichte Verbesserung.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Scholten: Die Anzahl der Kunden, die sich explizit nach Nachhaltigkeit in den Leben-Produkten erkundigen, ist noch gering. Im Vordergrund stehen Themen wie Rendite und Sicherheit. Aber ich bin mir sicher, dass es einen stetigen Wandel hin zu Nachhaltigkeitsthemen geben wird. 

 

Andreas Politycki, Vorstand Vertrieb bei der Nürnberger Versicherung

„Nachhaltigkeit ist nicht mehr wegzudenken“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Andreas Politycki: Der Höchstrechnungszins wird die garantierten Leistungen etwas erhöhen. Bei der prognostizierten Gesamtablaufleistung ist der Unterschied aber eher gering, weil die Überschussbeteiligung in der Regel deutlich über den Höchstrechnungszins liegt. Wir erwarten deswegen keine steigende Nachfrage im Bereich der Kapital-LV.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Politycki: Eine Trendwende ist nicht zu erwarten, da die Renditeerwartung an Fondspolicen ohne Garantie immer noch deutlich höher ist. Daran wird auch die Erhöhung des Höchstrechnungszinses nichts ändern.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Politycki: Durch den höheren Rechnungszins hat sich die Attraktivität von konventionellen Einmalbeitragsprodukten für sicherheitsorientierte Kunden erhöht. Das Einmalgeschäft steht aber so oder so nicht in unserem Fokus.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Politycki: Nachhaltigkeit hat mittlerweile in den Produkten einen Standard erreicht, der nicht mehr wegzudenken ist.

 

Thomas Wiesemann, Vertriebsvorstand Allianz Lebensversicherung und Vorstand Maklervertrieb Allianz Private Krankenversicherung

„Spürbare Zuwächse bei Einmalbeiträgen“

 DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Thomas Wiesemann: Der Höchstrechnungszins spielt, auch wenn er für das Neugeschäft ab 01/25 angehoben wird, für den tatsächlichen Kundenwert nur eine untergeordnete Rolle. Maßgeblich für Kunden ist die Gesamtverzinsung.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Wiesemann: Ich bin davon überzeugt, dass es weiterhin bei der hohen Nachfrage nach kapitalmarktnahen Angeboten bleibt, sei es als reine Fondspolicen oder als Fondspolicen mit flexiblen Garantieniveaus. Altersvorsorge ist ein langfristiger Prozess über Jahrzehnte, und moderne kapitalmarktnahe Produkte bieten ein hohes Maß an Renditechancen, Flexibilität und zugleich Sicherheit. Und der Höchstrechnungszins ist wie gesagt nur ein Element eines Vorsorgeprodukts: Entscheidend sind die Gesamtverzinsung und die Gesamtleistung sowie ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Wiesemann: Für die Allianz kann ich sagen, dass wir in 2024 wieder spürbare Zuwächse bei Einmalbeiträgen zu verzeichnen haben. Demografiebedingt gibt es zunehmend viele Kunden in Deutschland, für die Einmalbeitragsprodukte die passende Form der Vorsorge und Anlage darstellen.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Wiesemann: Das Interesse an diesen Themen ist nach wie vor hoch, der Anspruch der Kunden ist aber ein Stück pragmatischer geworden: Es geht darum, wie sich nachhaltige Investments auf die Vorsorge auswirken. Daher sind die Rendite und Sicherheit der Altersvorsorgegelder die wichtigsten Anlageziele. Nachhaltigkeit spielt dabei eine bedeutende Rolle, weil sie die Langfristigkeit und Zukunftssicherheit von Geschäftsmodellen und damit Kapitalanlagen beeinflusst.

Marlies Tiedemann, Abteilungsleiterin Produktmanagement pAV bei der Ergo Group

„Nachhaltigkeit weiterhin sehr wichtig“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Marlies Tiedemann: Die Anhebung des Rechnungszinses ist eine gute Nachricht für die Kunden, denn sie bedeutet prinzipiell höhere garantierte Leistungen bei gleichem Beitrag. So erhöhen sich beispielsweise die garantierte Mindestrente und die Rentenfaktoren. Auch bei der Absicherung biometrischer Risiken, wie der Berufsunfähigkeits- oder der Grundfähigkeitsabsicherung, profitieren die Kunden, indem sie die gleiche monatliche Leistung gegen niedrigere Beiträge absichern können. Höhere garantierte Leistungen tragen sicher mit dazu bei, im kommenden Jahr mehr Interessenten als bisher von einer Rentenversicherung zu überzeugen und als Kunden zu gewinnen.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Tiedemann: Traditionell haben die Deutschen ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit beziehungsweise nach Garantien. Höhere garantierte Leistungen werden somit zu einer positiven Entwicklung der Altersvorsorge beitragen. Wir rechnen aber nicht mit einer Trendumkehr oder gar einer Renaissance der klassischen Lebensversicherungsprodukte. Es wird aber voraussichtlich wieder mehr Tarife mit einer 100-Prozent- Bruttobeitragsgarantie geben.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Tiedemann: Diese Frage möchte ich nicht beantworten und bitte um Verständnis.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Tiedemann: Vielen Menschen ist das Thema Nachhaltigkeit auch weiterhin sehr wichtig. Wir wissen aus vielen Kundengesprächen, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer großes Interesse an der Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte haben.

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Martin Gräfer, Vorstand die Bayerische

„Keine Trendumkehr“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Martin Gräfer: Die Anhebung des Höchstrechnungszinses wird sicherlich Aufmerksamkeit erregen, doch wir erwarten in der privaten Altersvorsorge keine signifikante Rückkehr zu klassischen Produkten beziehungsweise Produkten mit Garantien. Anders verhält es sich in der betrieblichen Altersversorgung, in der wir verpflichtet sind, Garantien über sogenannte 2- oder 3-Hybridprodukte für unsere Kunden darzustellen. Die Erhöhung wird bei diesen Produkten dazu führen, dass Kunden während der Vertragslaufzeit länger in Fondsanlagen investiert sind.

Einen weiteren positiven Effekt wird der erhöhte Rechnungszins auf den Rentenbezug haben. Denn mit einem höheren Rechnungszins kann eine höhere garantierte Rente ausgewiesen werden. Das wiederum hilft hoffentlich dabei mehr Kunden zu überzeugen, dass eine Absicherung des Langlebigkeitsrisikos absolut notwendig ist.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Gräfer: So wie wir nicht an einen Schub für klassische beziehungsweise kapitalbildende Produkte glauben, glauben wir auch nicht an einen Trend hin zu mehr Garantien bei fondsgebundenen Produkten. Wir beobachten in der Marktstruktur der privaten Altersvorsorge seit einigen Jahren eine deutliche Verschiebung der Neugeschäftsanteile hin zu fondsgebundenen Versicherungen ohne Garantien. Sowohl bei Vermittlern als auch in der Gesellschaft hat hier ein Umdenken eingesetzt. Auch die Anhebung des Rechnungszinses im kommenden Jahr dürfte diesen Trend nicht umkehren.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Gräfer: Wir erwarten, dass sich die Neugeschäftsentwicklung bei Einmalbeiträgen 2025 deutlich erholen wird. Ausschlaggebend dafür ist die Umkehr der EZB in ihrer bisherigen Geld- beziehungsweise Zinspolitik – verbunden mit sinkenden Leitzinsen.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Gräfer: Diesen Trend können wir nicht beobachten – ganz im Gegenteil.

Frank Kettnaker, Vorstand für Vertrieb und Marketing der ALH Gruppe

 „Trend zu Fondspolicen mit 80-Prozent-Garantie“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Frank Kettnaker: Durch die ab 2025 erlaubte höhere Abzinsung müssen die Versicherer weniger Geld für die Finanzierung der Garantien aufbringen. Die Gesellschaften können also entweder bei gleichbleibenden Garantien, die im Moment oftmals bei 80 Prozent der eingezahlten Beiträge liegen, mehr Kapital in die Fondsanlage geben und so mehr Rendite für den Kunden erzielen, oder sie können bei gleicher Kapitalallokation die Garantien erhöhen. Rechnerisch ist sogar wieder eine 100-prozentige Garantie möglich, die aber im Vergleich zur 80-prozentigen Garantie ein geringeres Renditepotenzial und ein höheres Inflationsrisiko bedeutet. Durch den höheren Rechnungszins steigt insgesamt die Attraktivität der Altersvorsorgeprodukte von Lebensversicherern, was ein wichtiges Zeichen für die Altersversorgung in Deutschland setzt.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Kettnaker: Wir erwarten keine Renaissance der reinen Klassikprodukte mit 100 Prozent Garantien. Auch bei einem Rechnungszins in Höhe von 1 Prozent bleibt das Renditepotenzial zu niedrig, um die Inflation auszugleichen. Aktuell sehen wir einen deutlichen Trend hin zu Fondspolicen ohne Garantien oder mit reduziertem Garantieniveau von 80 Prozent.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Kettnaker: Nachdem die Nachfrage nach Einmalbeitragsprodukten in der Lebensversicherung in Folge der schnellen Leitzins-Steigerungen spürbar zurückgegangen ist, dürfte sich das Geschäft hier im kommenden Jahr wieder etwas positiver entwickeln.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Kettnaker: Bei Firmenkunden wird Nachhaltigkeit in den Lebensversicherungsprodukten weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Denn die Unternehmen haben selbst zunehmend strengere regulatorische Auflagen zu erfüllen, beispielsweise in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Das betrifft dann auch die bAV. Bei Privatkunden hat Nachhaltigkeit in den Altersvorsorgeprodukten bisher noch nicht die erhoffte Nachfrage-Intensität erreicht. Das könnte sich ändern, wenn von Seiten der Regulatorik nachgeschärft wird. Denn es gibt noch immer keine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit, und die gesetzlich vorgeschriebene Präferenz-Abfrage ist im Beratungsprozess nicht einfach zu integrieren.

 

Rainer Wilmink, LVM-Vorstand, verantwortlich für die Personensparten

„Keine Anzeichen für ein abflauendes Interesse an Nachhaltigkeit“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Keine Antwort

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Rainer Wilmink: Der angehobene Höchstrechnungszins bietet der Branche zwar die Möglichkeit, Produkte mit Garantieelementen attraktiver auszugestalten. Von einer stark steigenden Nachfrage gehen wir bei der LVM-Lebensversicherung aber nicht aus. Natürlich gibt es weiterhin eine Personenklientel, die gerne etwas sicherheitsorientierter unterwegs ist. Unser Eindruck ist aber, dass das Vertrauen in Wertpapiere im Laufe der Niedrigzinsphase stark zugenommen hat – und damit auch das Interesse der Kunden, bei ihrer Altersvorsorge von der Ertragskraft der Aktienmärkte zu profitieren. Im Neugeschäft der LVM-Lebensversicherung entfallen keine 5 Prozent der Beitragssumme mehr auf Rentenprodukte mit Zinsgarantien – und wir gehen auch nicht von einer Trendumkehr aus.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Wilmink: Ohne Zweifel hat sich die Zinswende im kurzfristigen Einmalbeitragsgeschäft bemerkbar gemacht – und wird das auch noch weiter tun. Für uns bei der LVM-Lebensversicherung spielen Einmalbeiträge allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Ihr Anteil an den gesamten gebuchten Beitragseinnahmen beläuft sich bei uns auf gerade einmal 3 Prozent.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Wilmink: Für ein abflauendes Interesse sehen wir bei der LVM-Lebensversicherung bislang keine Anzeichen: 50 Prozent der Beitragssumme, die unsere Kunden im Neugeschäft in Fonds-Renten investieren, fließen in Fonds, die die Wertentwicklungen von unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zusammengestellten Indizes abbilden. Verglichen mit 2023 bedeutet das eine Steigerung um etwa 10 Prozentpunkte.

 

Katharina Hoge, Leiterin Gruppe Vertriebsunterstützung, Geschäftsfeldentwicklung und Kundenprozesse Leben bei DEVK

„Fondspolicen mit wählbaren zusätzlichen Garantien gewinnen an Bedeutung“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Katharina Hoge: Das Geschäft mit reinen kapitalbildenden Lebensversicherungen wird durch die Rechnungszinserhöhung nicht signifikant steigen. Profitieren sollten modulare Produkte zur Altersvorsorge, welche eine Kombination aus Garantie und Renditechancen bieten. Auch Produkte zur Absicherung biometrischer Risiken werden von der Anhebung des Rechnungszinses profitieren.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Hoge: Wir rechnen nicht mit einer Trendumkehr hin zu klassischen Garantieprodukten. Sehr wohl gehen wir davon aus, dass im deutschen Altersversorgungsmarkt optionale und wählbare zusätzliche Garantien weiter an Bedeutung gewinnen werden.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Hoge: Die Entwicklung des Einmalbeitragsgeschäftes könnte sich in 2025 verbessern, wenn das Zinsumfeld günstiger wird und die wirtschaftliche Unsicherheit abnimmt. Von einer echten Trendumkehr ist aber bei erwarteten volatileren Kapitalmärkten nicht auszugehen.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Hoge: Ja, denn viele regulatorische Erfordernisse zu diesem Thema sind bereits in den letzten Jahren aufgegriffen und umgesetzt worden. Da auch das Verbraucherinteresse zu diesem Thema stagniert, ist davon auszugehen, dass hier keine Belebung kommt. 

 

Jens Arndt. Vorstandsvorsitzender der Mylife Lebensversicherung

„Renditen oberhalb der Inflationsrate bleiben das primäre Ziel“

DAS INVESTMENT: Der Höchstrechnungszins wird ab Januar 2025 auf 1 Prozent angehoben. Wird das das Neugeschäft mit Kapital-LV ankurbeln? Welche Produkte könnten besonders davon profitieren?

Jens Arndt: Ob man allein durch den neuen Höchstrechnungszins von 1 Prozent mit einem echten Run rechnen kann, wage ich zu bezweifeln. Es kann sicherlich dafür sorgen, dass manch risikoaverser Kunde sich für eine klassische LV interessiert. Das Gros der Menschen und dabei insbesondere die jüngere Generation wird aber auch weiterhin die langfristigen Chancen des Kapitalmarktes nutzen wollen. Es werden deshalb Policen gefragt sein, die vor allem Renditechancen abbilden können.

Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Arndt: Das Niedrigzinsniveau der vergangenen Jahre hat sowohl Kunden als auch Finanzberater an kapitalmarktnahe Produkte herangeführt. Fondspolicen ohne Garantien konnten sich dadurch bei Kunden und Finanzberatern noch fester etablieren. Ich gehe nicht davon aus, dass die Anhebung des Höchstrechnungszinses auf 1 Prozent diesen Trend umkehrt. Es wird auch zukünftig darauf ankommen, welchen Schwerpunkt die Kunden im Spannungsfeld Rendite, Sicherheit und Verfügbarkeit setzen wollen. Besonders über den mittel- bis langfristigen Anlagehorizont werden höhere Renditeerwartungen oberhalb der Inflationsrate das primäre Ziel bleiben und dann kommt man aus meiner Sicht an Fondspolicen nicht vorbei.

2024 fiel die schwache Entwicklung der LV gegen Einmalbeitrag auf. Wird sich das 2025 bessern?

Arndt: Seit Beginn dieses Jahres stellen wir bei unseren Netto-Fondspolicen ein starkes und bis jetzt ungebrochenes Einmalbeitragsgeschäft fest, das deutlich über dem Ergebnis des Vorjahres liegt. Ein Grund war sicherlich auch die im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr gesunkenen Fest- und Tagesgeldkonditionen. Das hat den einen oder anderen Kunden dann überzeugt, das Investment zum Beispiel in einer flexiblen Fondspolice fortzuführen. Für 2025 rechne ich damit, dass sich dieser Trend etwas abschwächen wird.

Nach einer Begeisterungswelle in den Vorjahren nimmt das Interesse an Nachhaltigkeitsthemen in der LV wieder ab. Setzt sich dieser Trend auch 2025 fort?

Arndt: Der Klimawandel stellt Menschen weltweit vor große Herausforderungen. Auch wenn die geopolitischen Entwicklungen der vergangenen Monate und Jahre den Fokus oftmals auf sich ziehen, ist Nachhaltigkeit genau wie auch die Renditeerwartungen, die Sicherheitsbelange oder die Verfügbarkeit bei einer Anlage ein Thema, über das gesprochen werden muss. Unserer Erfahrung nach zeigt sich, dass es vielen Kunden wichtig ist, dass Nachhaltigkeitsaspekte zumindest teilweise berücksichtigt werden. Wichtig ist, dass die Kunden durch ihren Finanzberater über ihre Möglichkeiten informiert werden und die Wahl bekommen, das Investment entsprechend ihrer Wünsche und Bedürfnisse zu gestalten.

 

LV1871-Vorstand Hermann Schrögenauer

„Risikoaffinität bleibt auch weiterhin sehr gering“

DAS INVESTMENT: Bei Fondspolicen gewannen in den vergangenen Jahren Produkte ohne Garantien zunehmend an Beliebtheit. Mit der Anhebung des Höchstrechnungszinses werden Garantien wieder etwas attraktiver. Rechnen Sie nun mit einer Trendumkehr in Richtung Garantieprodukte?

Hermann Schrögenauer: Die Anhebung des Höchstrechnungszinses auf 1 Prozent ist eine erfreuliche Nachricht für alle Verbraucher. Dennoch gilt: Rendite ist stets mit einem gewissen Risiko verbunden, weshalb eine hundertprozentige Garantie oft wenig Sinn macht. Viele Bürger hierzulande tun sich jedoch schwer mit dem Thema Aktien – erst im Oktober gaben knapp 50 Prozent in einer von Civey für uns durchgeführten Umfrage an, sich schlecht oder gar nicht damit auszukennen. Die Risikoaffinität der Menschen bleibt damit vermutlich auch weiterhin sehr gering. Hier kann eine breite Streuung kombiniert mit einer langen Laufzeit das Risiko abmildern. Fondsgebundene Versicherungslösungen bieten genau diese Kombination und ermöglichen zudem eine individuell wählbare Garantiehöhe.

Anmerkung der Redaktion: Weitere Fragen zum Thema Altersvorsorge wurden nicht beantwortet.

 

 

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